Montague
Feuerwehrmannanwärter
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Geschrieben am 17.06.2013 08:04
Ich habe während meines Praktikums einmal 24 h lang quasi live gebloggt, auf ner anderen Seite, damit möchte ich ganz gerne anfangen, indem ich die BEiträge zitiere. Wer sich durchwühlt kriegt schon n guten Einblick in meinen Alltag während dem Praktikum.
"8 Uhr" - Durchsage. Rund 20 Mann stehen im Halbkreis hinter einem Löschfahrzeug. Zwei stehen vorne, mit dem Blick zu den Anderen, haben Zettel in der Hand, lesen vor.
"Diensteinteilung für heute, 24.05.2013.
D-Dienst Heußen, DGL Lieber, Zugführer Schröer. Auf dem HLF..."
So geht das weiter, bis alle Posten verteilt sind, dann folgt die Fahrzeugübernahme. Also alle Geräte überprüfen. Alles vollzählig? Ja. Alles funktionstüchtig? Na, etwas mehr Sprit darf in den Generator. Dann die Jacke und den Helm ins Fahrzeug. Für den ersten Rettungswagen läuft es nicht ganz so gut, durch die ganze Fahrzeughalle ein Piepsen, ein Garagentor geht auf, wenige Sekunden später hört man ein Martinshorn.
Alle Anderen gehen jetzt in ihre Büros, machen erste Arbeiten und machen sich bereit für den Tag. Was der bringen wird, weiß noch keiner. Die letzten 48 Stunden ist aus dem Löschzug genau 2 Mal ein Fahrzeug alarmiert worden. Jetzt ist es an dieser Wachabteilung, für 24 Stunden über die Menschen in Bochum-Wattenscheid zu wachen.
Um 8:25 Uhr dann gehen alle Lichter in der Wache an. Erhöhte Nervosität. Kein Gong. Nur eine Computerstimme:
"TH 0 - Wache 1: DLK"
Gut. Kein Alarm für mich. Immerhin noch etwas Ruhe vor dem Sturm. Die Drehleiter fährt derweil zu einem umgekippten Baum.
Nachdem die Drehleiter unterwegs ist, geht für alle anderen der Alltag weiter - ob handwerkliche Arbeiten oder, wie für mich, Schreibarbeit. Bis 8:45 Uhr. Dann ist "Kurzunterricht". Das heißt: Alle, die in der Wache sind, treffen sich und es wird in 15 Minuten ein konkretes Thema behandelt. Heute: Aufstellen einer Schiebeleiter zur Personenrettung aus dem 2. OG. Die HLF-Besatzung übernimmt die Aufgabe. Übrigens: Ein HLF ist ein Hilfeleistungslöschgruppenfahrzeug, also ein Fahrzeug, das sowohl bei Bränden als auch bei Unfällen zum Einsatz kommen kann. Quasi das "Arbeitspferd" einer Feuerwehr. Um 9 Uhr endet die Kurzübung mit einer kurzen Bewertung durch den Zugführer, dann ist Frühstückspause.
Brötchen, dick mit Fleischsalat, Mett oder Margarine und Käse oder Wurst belegt werden gegessen. Nicht gesund, aber sättigend. 60 Cent kostet ein halbes Brötchen. Selbstkostenpreis also. Das ist auch in Ordnung so. Während der Frühstückspause kommt auch die Besatzung von der Drehleiter in den Tagesraum. Gemütliches Beisammensein ist jetzt angesagt. Bis 9:30 Uhr ist Frühstückspause - wenn der Alarmgong das zulässt. Denn wenn Notfälle passieren, gibt es für die Feuerwehr keine Pause.
Gegen 9:30 Uhr begeben sich alle zu ihren jeweiligen Dienstbereichen - ob Übungen und Unterricht, um Wissen zu vertiefen, Reinigungsdienst in der Wache oder allgemeine Schreib- und Verwaltungsaufgaben. Jeder hat etwas zu tun - bis der Gong einen ruft und die Lichter in der Wache angehen.
Heute um 09:30 Uhr traf sich die Wachbesatzung in der Fahrzeughalle, es wurden einige Neuerungen durch den Wachvorsteher angesprochen und dann das Aufstellen einer Steckleiter geübt - eine Übung, bei der auch ich eingebunden war. Gerade als wir die Leiter zurück auf das Fahrzeug packen wollten, erklang der Gong. "F2M - Wache 1: HLF, DLK - Wache 3: LF". "F2M" sagt aus, dass irgendwo eine automatische Brandmeldeanlage ausgelöst hat. Also schnell das Fahrzeug wieder beladen, reingesetzt und los ging die Blaulichtfahrt. Nach kurzer Erkundung war klar: Wasserdampf hatte die Melderanlage ausgelöst, alle Kräfte können wieder einrücken. In der Wache wurde dann die Besatzung des Löschfahrzeugs von der Wache 3 begrüßt - das eigene LF der Wache 1 ist heute beim TÜV - und dann geht es wieder an die Routineaufgaben. Für mich: Papierkram.
Nach dem Einsatz ist bekanntlich vor dem Einsatz. Nachdem ich meine Klamotten im Fahrzeug wieder geordnet hatte, ging ich also in mein Büro um mich dem Papierkram zu widmen. Aber lange währte der Frieden nicht: Um 11:17 ging der Alarmgong. "Das HLF ausrücken" - kein offizieller Gong, also eine Sonderlage; ein Einsatz für den an sich kein Stichwort hinterlegt ist.
Raus aus dem Zimmer, rein ins Fahrzeug. Im Fahrzeug folgen dann Details: "Katze in Schacht gefallen, wir schauen uns das mal an und entscheiden dann was wir tun können."
Gesagt, getan, dieses Mal ohne Blaulicht ging es durch den halben Stadtteil. Vor Ort ein interessantes Bild: Zwischen einem Haus und dem Erdreich eine dünne Spalte, circa 1,70 Meter bis zum Boden. Davor Hecke. Da soll ein kleines Kätzchen, erst einige Wochen alt, reingefallen sein. Mit der Kettensäge wurde die Hecke gefällt, dann wurde gebuddelt. Und gebuddelt. Bis man ein Parallelloch geschaffen hatte, um mit einer Lampe den Schacht weiter auszuleuchten. 30 centimeter weiter unten als die Tiefe des selbst gegrabenen Loches ging es, da war das Kätzchen. Fast eineinhalb Stunden dauerte das. Fünf Feuerwehrmänner, die alles gegeben haben. Die Katze konnten wir nicht rausholen, aber ihr einen Weg nach oben ebnen. Ab da übernahm der Tierschutzverein, gegen 12:40 Uhr konnten wir uns auf den Heimweg machen - nachdem wir uns vom Matsch und Schlamm befreit hatten.
Zurück auf der Wache dann erstmal ein altes Schnitzel mit Pommes. Mittagessen ist normal um 12.30 Uhr, wir kamen aber erst gegen 13 Uhr zurück und mussten dann noch unsere Schuhe reinigen. Schnell das Essen runtergeschlungen, eine Limo dazu, und dann wieder zurück ins Büro. Die Mittagspause geht bis 14.30, aber man möchte sich dann doch ein bisschen in seinem Bett ausruhen.
Es ist ruhig geworden. Ein kleiner Einsatz für die Drehleiter um kurz vor zwei, ansonsten absolute Ruhe bei der Büroarbeit. Für die Schreibkramarbeiter endet der "Arbeitsdienst" jetzt um 16 Uhr. Ab dann ist quasi Freizeit angesagt. Konkret wird das bei mir ein Film auf meinem Laptop und die eine oder andere Fachzeitung bedeuten. Und eben abwarten - ob der Gong einen ruhigen Abend zulässt.
Lange Zeit war es ruhig, ich konnte gemütlich Film schauen und chatten. Bis 18:37. Nach der Aufforderung an den Zugführer, die Leitstelle anzurufen (Die als Durchsage kam), kam bald die Durchsage "Das HLF ausrücken". Einsatzinfo: "Enten stecken in Schlamm fest". Die zweite Tierrettung des Tages. Aber noch auf der Anfahrt wurden wir durch eine freiwillige Feuerwehr, die gerade in der Nähe eine Übung abhielt, abgelöst. Kurz sind wir dann noch da vorbeigefahren, wo wir schon mittags zur Katzenrettung waren - mit erfreulichem Ergebnis: Anwohner teilten uns mit, dass die Katze den Weg nach oben gefunden hatte und in Sicherheit war.
Dann ging es auch schon zurück zur Wache, um sich wieder auszuruhen. Und auf eine stille Nacht zu hoffen.
Der Abend ist ruhig verlaufen, bis zur Dämmerung. Jetzt machen sich alle langsam auf den Weg ins Bett. Ein gemeinsames Abendessen gibt es oft nicht. Viele bringen sich was mit oder essen Reste vom Mittag, manche essen einfach gar nichts. Gelegentlich wird auch etwas bestellt - heute nicht. Also geht es jetzt zur Nachtruhe. Zwischendurch gab es auch immer mal wieder nette Gespräche im Tagesraum, aber irgendwann kommt für jeden die Zeit, wenn es heißt "Gute Nacht, Wattenscheid".
Dunkel ist es draußen geworden, im Zimmer neben mir höre ich wie sich eine Kollegin unruhig im Bett wälzt, bis gegen 10 der Melder geht. Sie ist auf dem HLF und einem der Rettungswägen eingeteilt. Wenige Sekunden später höre ich eine Tür knallen. Für den Rettungsdienst sind Nächte nie ruhig. Für mich hoffentlich schon.
Die ganze Nacht war es ruhig. Einfach mal in aller Ruhe schlafen - immer wieder durch leiseste Geräusche geweckt in der leisen Angst, dass es das Klacken am Lautsprecher direkt vor dem Gong war. War es aber nie. Um 7 Uhr dann die Durchsage "Guten Morgen, es ist 7 Uhr" - das heißt: Aufstehen. Gleich das Bad nutzen, rasieren, frisch machen, bereit machen für einen neuen Tag. Von 8 bis 12 Uhr werde ich dann noch die Atemschutzausbildung begleiten, danach Feierabend machen. Nach 28 Stunden im Dienst mit immerhin 3 Einsätzen. Es war ein ruhiger Tag, und doch war einiges geboten.
Das war meine letzte Schicht auf dem HLF gewesen, wenig spektakulär aber mit guten Einblicken in den Wachalltag. Und so sahen dann die meisten Tage aus. Die Hauptaufgabe ist sicher das Erstellen einer Projektarbeit, in meinem Fall eines Übungskonzeptes für die Heißausbildung der Atemschutzgeräteträger, zusammen mit den internen Trainern. Daneben fährt man einige Schichten auf dem ELW mit, die echt einen interessanten Einblick auch in den Alltag eines Dienstgruppenleiters (also einer Position, die man theoretisch nach dem Studium belegen könnte) bietet. Dazu kam bei mir eine Woche in der Leitstelle tagsüber, wo man auch echt viel lernt und viel Zeit für interessante Gespräche hat. Insgesamt war ich auch drei Mal bei Kampfmittelfunden, was quasi eine Ruhrpott-Spezialität ist und echt interessant war, gerade wenn man wie ich vom flachen Land kommt. Die "Nur gucken, nicht anfassen"-Policy für Praktikanten wurde von einigen Zugführern gerne mal etwas ausgereizt, aber das war sehr personenabhängig. Generell lässt sich sagen dass es in dem Praktikum ECHT wichtig ist, mit den Leuten zu reden, Fragen zu stellen und sich einzubringen. Es wird viel Wert auf Selbstständigkeit gelegt, was man vielleicht frisch von der Schule nicht wirklich gewohnt ist. Dafür kann es einem auch echt viel bringen, nicht nur fürs Studium und den Beruf, auch privat ist das echt eine Erfahrung die sich absolut lohnt. Es ist auch ein bisschen Glückssache, was man für Einsätze hat und wie viel man sieht. Das hängt zum Einen vom Tag, zum Anderen von den Führungskräften ab. Einige Zugführer und DGLs haben mich gerne mit nach vorne genommen, teilweise auch mal bis zum Eintreffen weiterer Kräfte am Verteiler gelassen oder so. Andere haben mich gerne mal im Auto sitzen lassen - verständlich, als Praktikant aber natürlich etwas frustrierend. Aber mit den richtigen Leuten macht so ein Praktikum echt spaß und man lernt was für's Leben. Problematisch ist das wie schon mal angemerkt vielleicht für Leute, die noch nie bei der Feuerwehr waren. Es wird von den Führungskräften einiges einfach als selbstverständlich vorausgesetzt,und es ist auch nicht wirklich die Zeit da einem alles beizubringen und zu zeigen. Von daher denke ich dass es auf jeden Fall besser ist, schon mal Feuerwehrerfahrung gesammelt zu haben bevor man so ein Praktikum macht.
Ich hoffe ich konnte damit ein bisschen helfen.
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