Umgang mit dem Tod

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Gelöschtes Mitglied

Geschrieben am 30.06.2010 10:00 Zitieren Beitrag melden

Umgang mit dem Tod

Hey Leute!


Meine Frage an euch: Wie geht ihr mit dem ganzen Leid und Tod im Einsatz um? Welche Erfahrungen habt ihr? Bin im Moment noch beim SSD an einem Gymnasium. 2 mal musste ich bis jetzt einen RTW rufen. Werde bald ein FSJ beim Rettungsdienst Bodenseekreis machen. Bin auch noch in der JF.

lg Loeschzug

 

sst89

Moderator

Stv. Kreisbrandmeister

Geschrieben am 30.06.2010 10:57 Zitieren Beitrag melden

Um mit dem Thema Tod umzugehen gibt es sehr viele Möglichkeiten, die bei jedem anderst sind.

Es gibt Leute, die fressen sich alles in sich rein und kommen damit klar.

Es gibt Leute, die müssen mit jemanden darüber reden und brauchen jemand, der einfach nur zuhört.

Auch gibt es Leute, die versuchen, Witze zu reisen um mit dem Anblick des Toden am Einsatzort und danach fertig zu werden.

Es gibt sogar Leute, die ein Organsuchespiel bei einem Selbstmörder, der sich vor dem Zug gelegt hat zu machen.

Ich finde, dass man das alles akzeptieren muss, denn es ist eben die Art, wie derjenige mit dem Tod fertig wird. Wenn jetzt einer der Witze reist mit einem, der auf die letzte Ehre achtet zusammentreffen, solten die sich nicht streiten, sondern einfach den anderen machen lassen, denn das ist halt seine Art.

Selber habe ich auch schon 2 Tote gesehn und umgebettet. Allerdings waren das 2 Tote aus meiner Altenheimzeit, die einfach des natürlichen Todes gestorben sind. Damit komme ich wunderbar klar, weil ich das umbetten mit einer guten Pflegerin gemacht habe, die einen (aber wirklich anständigen) Humor gezeigt hat.
Wie das aber ist, wenn ich auf einen VU oder einer missglückten Reanimation ist, weiß ich noch nicht, aber ich denke, dass ich damit auch wunderbar klar komme.

Was ich dir damit sagen will: finde deine Art der Verarbeitung und akzeptier die anderen Arten der Vereinbarung.

Noch ein kleiner Tipp: wenn das Kriseninventionsteam oder ein Pfarrer vor Ort ist, und mit den Angehörigen spricht, geh möglichst weg, weil sonst bekommt der Tote für dich noch eine Geschichte, und dann ist die Verarbeitung sehr hart.

Gelöschtes Mitglied

Geschrieben am 30.06.2010 11:09 Zitieren Beitrag melden

Ich kann mich der Aussage von sst89 wegen den Umgang mit den Tod nur anschließen!

Ich selbst mußte bei verschiedenen Einsätzen mit den Thema Tod umgehen!

Das eine Mal half mir einfaches Reden mit anderen Kameraden, das andere Mal habe ich es in mich hineingefressen!

Ich kann auch sagen, obwohl ich nicht überaus christlich bin, dass es sehr hilfreich ist, wenn bei solchen Einsätzen ein Pfarrer an der Einsatzstelle ist!
Man braucht nicht einmal mit Ihn zu sprechen, sondern nur die reine Anwesenheit von Ihn ist schon beruhigend und hilfreich!


Was ich damit zum Ausdruck bringen möchte ist:

Es kommt auch darauf an in welcher Verfassung man selbst zu diesen Zeitpunkt ist und wie schwer das Geschehene ist!

Nummer1

Kreisbrandmeister

Nummer1

Geschrieben am 30.06.2010 13:24 Zitieren Beitrag melden

Für den Umgang mit dem Tod aus Bestattersicht kann ich den wohl besten Blog der mir bekannt ist empfehlen.
Informativ und unglaublich witzig geschrieben

http://bestatterweblog.de/

Gibt mittlerweile glaub über 3000 Beiträge

Andy09

Kreisbrandmeister

Andy09

Geschrieben am 30.06.2010 15:12 Zitieren Beitrag melden

Auch hier wird schon Einiges dazu geschrieben:
http://www.feuerwache.net/forum/offtopic...
http://www.feuerwache.net/forum/offtopic...


Nach mittlerweile gut 27 Jahren FF, vielen schweren oder tragischen Einsätzen und leider auch einigen Toten, ist dies meine Art, damit klarzukommen, was ich auch im ersten von mir genannten Link geschrieben habe:

Das, was sich hier im Spiel mit "2 Verletzten beim Brand im Wohnblock" so harmlos liest, sieht in der Realität ganz anders aus.
Und es sieht nicht nur anders aus, sondern es hört sich auch anders an, es riecht anders und fühlt sich anders an.

Diese Brutalität erwartet jeden Angehörigen einer BOS oder entsprechenden HiOrg früher oder später. Darauf solltet Ihr nicht unbedingt scharf sein, denn die Ernüchterung kommt beim Einen früher, beim Anderen später, aber ganz bestimmt.

Es ging mir auch elend, nachdem ich meinen allerersten "Kunden" selbst aus dem Auto geschnitten hatte, oder auch als ich das erste Mal nach einem VU ein blutüberströmtes Kleinkind auf die Trage gehoben habe oder als ich wirklich das erste Mal nur einen Meter entfernt von einem Sterbenden gestanden habe und irgendwie versucht habe, den da noch rechtzeitig frei zu bekommen. Ich habe seine Angst- und Schmerzensschreie, dann das leise Wimmern und schließlich die Stille noch immer im Ohr und sehe sein Gesicht vor mir.

Im Einsatz erledigst Du zwar ganz professionell und sicher Deinen Job, für den Du ja schließlich auch ausgebildet bist. Nur wenn Du dann hinterher wieder zur Ruhe kommst, holen Dich die Bilder ein und Du fragst Dich, was das da eigentlich gerade gewesen ist ...
Hätte ich etwas anders machen können ?
Hätte ich schneller sein können ?
Würde er dann noch leben ???
Es gibt so vieles, was einem in der Erinnerung bleibt.
Zu meiner Anfangszeit hieß es einfach: "Komm ma mit und trink´n Korn ..."
Hat mir damals nicht wirklich etwas gebracht ...

Heute gibt es drei wesentliche Erkenntnisse für mich:
Erstens: Es ist nicht mein Verschulden, dass der in Not geraten ist. Ich bin gut in meinem Job und versuche mit aller Kraft und vollem Sachverstand, ihm zu helfen.
Zweitens: Wenn es mir trotzdem nicht gelingt, konnte auch kein anderer mehr etwas für ihn tun.
Drittens: Es ist kein Zeichen von Schwäche, wenn man dann nach solchen Erlebnissen auch selbst mal einen Gesprächspartner, der auch zuhören kann, braucht. Auch sehr erfahrene Helfer dürfen mal weinen.

Wirklich wichtig ist daher nach solchen Geschehnissen, dass Ihr das Gespräch mit erfahrenen Kameraden sucht, vielleicht sogar mit anderen Leuten, die sich damit auskennen. Das hilft Euch dabei, die Eindrücke zu verarbeiten, ganz vergessen werdet Ihr sie nie.


Aber im Großen und Ganzen überwiegen die schönen Erfahrungen ganz klar.
Ein nachträgliches und ganz einfaches "Dankeschön" eines aus Lebensgefahr und vielleicht damals schwer verletzten Geretteten gehört zu den allerschönsten Erlebnissen, die Euch überhaupt passieren können.

Also lasst Euch von dem ganzen Horror nicht abschrecken und bleibt weiterhin dabei, denn wir sind auf Nachwuchs angewiesen.
"Es ist (manchmal) ein beschi..... Job, aber irgendeiner muss ihn tun." ;-)


Wenn Du wissen möchtest, was andere Feuerwehrkameraden bei ihren Einsätzen so fühlen, schau auch mal hier rein:
http://www.feuerwache.net/forum/offtopic...

Den Thread kann ich komplett unterschreiben. :-)

Gelöschtes Mitglied

Geschrieben am 30.06.2010 16:35 Zitieren Beitrag melden

Gerade im Bereich SSD habe ich leider schon Erfahrungen mit dem Tod ganz direkt machen müssen - kann das daher kommentieren.

In meinen Augen führt "reinfressen" später nur zum extremen Ausbruch der Gefühle, wirklich wichtig ist es zu verarbeiten. Das gilt im Übrigen nicht nur für Einsätze mit Todesfolge, auch andere Situationen können enorm belastend sein.
In jedem Fall aber : Tu nichts, was dir selbst unangenehm ist. Tu nur das was du dir selbst auch zutraust.
Einzig ein Punkt ist von essentieller Wichtigkeit nach meiner Erfahrung : Viel trinken, und zwar nichts mit Koffein oder Alkohol. Wasser, Fruchtsäfte. Sowas. Und beweg dich.
Ansonsten kommt es immer auf die Situation an. Hier in Schwaben gibt es überdies ein CISM-Team, welches uns ermöglicht mit erfahrenen Kameraden über sowas zu sprechen. Auch das finde ich hoch interessant, ansonsten gibt es im Fall der Fälle das Kriseninterventionsteam vom BRK.
Noch enie Sache, die ich im Übrigen auch aus Andy09s Beitrag meine rauszulesen : Komm nicht auf die Idee dir selbst dauernd die Schuld zu geben, oder dich zu ffragen was hätte anders gehen können. "Die Zeit fließt nur in eine Richtung. Vorwärts. Man kann nicht ändern was geschehen ist, nur was geschieht." - Mit diesem Satz habe ich damals eine verdammt gute Freundin gefunden, und diesen Satz hab ich von ihr gehört als ich mich selbst für einen Tot verantwortlich gemacht habe. Und verdammt - ja, Recht hat sie gehabt, und Recht hab i gehabt. Immer dran denken : Gerade unsere Arbeit muss weitergehen. Auch wenn's mal nicht geht : Wir müssen weitermachen, weitere Leben retten. So eingebildet das klingen mag : Manchmal stehen nur noch leute wie wir zwischen Leben und Tod. Und dann müssen wir funktionieren. Danach kann man das verarbeiten. Aber das darf nie, nie, nie dein Einsatzleben negativ beeinflussen.

Zum Abschluss ein Satz von der kleinen blionden vom KIT die bei mir war : "Du wirst noch sehen, eigentlich ist das ne verdammt geile und wichtige Erfahrung für dich" - und ja. War es.

Gelöschtes Mitglied

Geschrieben am 30.06.2010 17:40 Zitieren Beitrag melden

Wow...vielen Dank. Hätte nicht gedacht dass da so viel zurückkommt. Interessant eure Erfahrungen zu lesen. Früher oder später werde auch ich damit konfrontiert...ganz klar. Aber es ist bestimmt von Vorteil zu wissen was man besser nicht macht.

Gelöschtes Mitglied

Geschrieben am 30.06.2010 19:20 Zitieren Beitrag melden

loeschzug, nur um eins nochmal zu betonen:

Es gibt KEIN Patentrezept, wie man mit dem Tod und allen anderen schwierigen Situationen in Dienst, Einsatz, aber auch Privatleben umgeht. Alles hier sind nur Tips, die vielleicht Einzelnen oder Mehreren geholfen haben, aber auch ich hab nich alles umsetzen können was mir im Vorraus geraten worden war. Du musst einfach irgendwann wirklich selbst rausfinden was das bei dir hilft. Aber das packst du - und bleib dran :)

Gelöschtes Mitglied

Geschrieben am 30.06.2010 21:20 Zitieren Beitrag melden

ja das ist mir klar...werde das dann ja im FSJ 1 Jahr lang "testen" können ob ich überhaupt damit klar komm. Bei den "kleinen Katastrophen" bis jetzt war s nicht schlimm :D

Ich bleib aucf jeden Fall dran ;) Danke für die tipps Quinn und alle anderen.

Computerbild

Stv. Wehrführer

Computerbild

Geschrieben am 30.06.2010 23:09 Zitieren Beitrag melden

Ich möchte mal kurz meine Erfahrungen schildern:
Ich habe noch keinen , wie man so schön sagst "auf dem Gewissen". Aber es wäre fast dazu gekommen.
Wärend des Einsatzes hab ich einfach meine Job gemacht. Das ist bei mir immer so. Ist was dann bin ich nur dafür da. Vllt zweifel ich vorher an mir, auch das mit dem Patienten reden und betreuen fällt mir beim üben schwer. In real bekomm ich es hin. Wie Quinn gesagt hat: Da muss man funktionieren, und das tu ich einfach.
Aber ich kommte vom Thema ab.
Beim arbeiten am Patienten denkt man nur an seinen Plan was man tun muss. Da habe ich auch keine Zeit. Auch der Tag danach war wie immer. Erst am zweiten oder dritten Tag nach dem Einsatz kam bei mir der erste Gedanke ob ich nicht was besser machen könnte. Ob er tot ist. Oder hab ich doch einen fehler gemacht.
Erst nach 2 ganzen Wochen hab ich das von mir abschütteln können. Und das war eine verdammt lange zeit inder ich Schuldgefühle hatte. Jetzt ist all sowas vorbei.
Ich will hoffen das sowas niewieder vorkommt. Einmal das ich wieder ein 2 Wochentief hab und das auch jemand in solch eine lebensbedrohliche Situation kommt. Aber es wird vorkommen.

Ich will jetzt keinem was schlechtes einreden, aber es wird immer kommen das ein Mensch stirbt wärend eines Einsatzes. Es ist vorgekommen und es wird weiter passieren.
Ich wünsche es keinem aber verhindern kann es auch keiner. Und als Einsatzkraft musst du auch mit sowas klarkommen. Das ist u.a. dein Job.

Ich hoffe ich hab nicht zu viel geschwafelt und bin auch nicht zu sehr vom Thema abgekommen xD.

Gelöschtes Mitglied

Geschrieben am 01.07.2010 21:36 Zitieren Beitrag melden

der tod,

...... es gibt nicht "den" tod, mit dem man umgehen kann!

der tod hat viele gesichter!

von kindestod bis hin zum alter, unfälle, natürliche tode, schrecklich anzusehende, wenige tote, viele verstümmelte, tote, welche verbrannt oder "nur" verkocht sind, tote, in denen man nach einem brand steht, weil man sie im brandschutt nicht sofort gesehen hat.......

der persönliche umgang mit dem tod, ist sache, die man erst lernen muss!

es kommt nicht nur darauf an, wie du selber am besten damit umgehen kannst, auch wenn dass eigentlich der wichtigste punkt ist, den du für dich selbst finden musst!

es kommt unter anderem darauf an, wen du an deiner seite hast, erfahrenere kameraden können dich durchaus unterstützen, aber sie haben auch die möglichkeit, dich aufgrund ihrer längeren einsatzerfahrung elendig in deinen gedanken hängen zu lassen.

seit ein paar jahren gibt es gott sei dank in weiten teilen deutschlands ein einsatznachsorge team, was es zu meiner anfangszeit noch nicht gegeben hat.

ich würde dir empfehlen, (wenn du es nicht bereits gemacht hast) schon vorher solche seminare zu besuchen, um auf die Schrecken an der einsatzstelle vorbereitet zu sein.

ich möchte an dieser stelle mal einzwei sachen erzählen, welche ich in meiner "startphase" als bfler erlebt habe....

...damals gab es wie gesagt kein nachsorgeteam und nur ein Harter Feuerwehrmann war ein guter Feuerwehrmann.
ungeachtet dessen, wie es in einem rumort hat....

vorher aber mal eine kleine anekdote, die sich tatsächlich so ugetragen hat:

während eines krankenhauspraktikums, hat eine langjährige krankenschwester, aus der rettungsstelle, um bilder von einsatzstellen gebeten.

diese wurden ihr auch irgendwann nach längerem quengeln ihrerseits gezeigt..... ihr wurde schlecht!!!!


nun zu ein paar meiner ersten erlebnisse, welche ich als junger feuerwehrmann hatte:


der erste fall, ich war maximal einen monat fertig ausgebildet... mitten in der nacht werden wir alarmiert, stichwort verkehrsunfall.

wir kommen an, erstmal nicht viel zu sehen, kein auto kein nix.

nur --aus dem lhf heraus-- merkwürdige, nicht zur strasse passende gebilde, welche teilweise menschliche konturen hatten....

beim aussteigen wurde es zur gewissheit, es war mindestens eine person, die dort völlig zerlegt auf der strasse verteilt war.

ich hatte mühe auf den beinen zu bleiben........


ein weiterer einsatz, ebenfalls in jungen jahren....

wir sind auf der wache am grillen, es kommt das stichwort feuer in wohnung.

ich war 1. grillmeister, 2. melder.

wir kommen an, das feuer wird gelöscht, und ich bekomme über funk den auftrag nach oben zu kommen.

oben angekommen werde ich in die wohnung gebeten, ob ich sowas schonmal gesehen hätte....

die wohnung war bis auf einen verbrannten sessel und leichten verrußungen um diesen herum eigentlich völlig unbeschadet, nur....

..... der wohnungsinhaber lag noch in dem sessel und kam durch seine defekte heizdecke zu tode. sicherlich und hoffentlich ist er zuerst an den giftigen gasen erstickt, aber er wurde durch die hitze auch regelrecht gekocht....

und nun kam ein spruch, den ich nie vergessen werde, hier aber auch nicht posten werde!

nur soviel, es betraf das grillen und dass, was ich anfangs schrieb.... ältere kollegen haben "die macht" dir die erfahrungen so schwer wie möglich zu machen!!

solche "kollegen/kameraden, wünsche ich niemandem!

teilweise kommt es auch auf die persöhnliche lebenssituation drauf an:

kinder z.b. sind immer äußerst schwer, aber als meine damalige frau hochschwanger war, hatte ich mit nemplötzlichen kindstod weit mehr zu tun als später....


mein fazit:

aus meiner sicht ist der umgang mit dem tod ein ständiger lernprozess, und ich wünsche jeder einsatzkraft immer genügend stärke mit den schwierigen situationen zurecht zu kommen.

desweitern wünsche ich jedem, der in aussergewöhnliche situationen kommt ausreichend "reife" kollegen, welche die neuen nicht noch zusätzlich mit unbesonnenen sprüchen belasten! sollte soetwas trotzdem vorkommen, so nehmt die seelsorgerische hife in anspruch, damit sich nicht erst ein riesen berg an katastrophalen bildern und ereignissen aufbaut!

mfg whyat

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